Über Präsidenten und Wahlen

Meine dritte Woche bricht an, und es ist schon wieder so viel passiert seit meinem letzten Eintrag hier. 

Letzte Woche gab es hier in Kampala, also in direkter Nachbarschaft, Ausschreitungen und Krawalle, da der amtierende Präsident, Yoweri Museveni eine Änderung der Verfassung erwirken will, die ihn dazu befähigt eine weitere Amtszeit anzutreten. Die bisherige Verfassung sieht vor, dass der Präsident bei seinem Antritt nicht älter als 75 Jahre alt ist. Museveni ist jetzt 73 Jahre alt und bis zu den nächsten Wahlen sind es noch 3 Jahre, selbst für mich als in Mathematik nicht ganz so bewanderte Person wird das Problem sehr offensichtlich. Die Krawalle sind dadurch entstanden, dass ein Großteil der Bevölkerung  eigentlich gar nicht so große Lust auf noch eine Amtszeit mit Präsident Museveni hat, es wäre immerhin schon seine siebte, er ist bereits 31 Jahre an der Macht. Allerdings trauen sich nur die Wenigsten dagegen zu protestieren, und die, die es tun, werden durch die Polizei schnell wieder davon abgebracht. Bis jetzt wurde die Verfassungsänderung nur dem Ministerkabinett zur Abstimmung vorgestellt und somit noch nicht beschlossen. aber viele Bürger haben jetzt schon das Gefühl, dass Bestechungsgelder die Abstimmung bereits entschieden haben. Morgen gehen die Proteste in die zweite Runde und wir wurden mehrfach angehalten, nicht in die Stadt zu fahren um möglichen Gefahren aus dem Weg zu gehen.

Ergänzung (27.09.): Gestern Abend sollte im Parlament die Abstimmung über die Verfassungsänderung stattfinden, sie war von letzter Woche Donnerstag auf gestern wegen der Krawalle verschoben worden. Als es dann gestern an der Zeit war, wurde die Parlamentssitzung live im Fernsehen übertragen, ich saß mit meiner Gastfamilie im Wohnzimmer und habe mit angesehen, wie sich erst verbal und dann auch physisch gestritten wurde bevor es überhaupt zur Abstimmung kam. Die Opposition gegen die Verfassungsänderung ist ungefähr 20 Personen groß und trug aus Protest gestern rote Stirnbänder und Kleidung, als Erinnerung an die Versklavung der Menschen in früheren Zeiten, gestern metaphorisch verwendet um die Versklavung der gesamten Bürger unter einem Präsidenten auf Lebenszeit. 

Als es dann so weit war und die Gesetzesänderung dem Parlament vorgeschlagen wurde, sind die Oppositionellen aufgestanden und haben angefangen die ugandische Nationalhymne zu singen. Nicht nur einmal, sondern ganze 15 Minuten lag haben sie immer wieder von vorne angefangen und die Verfassung in die Höhe gehalten um an die Unveränderbarkeit derer zu erinnern. Präsident Museveni hat schon im Jahr 2005 eine Verfassungsänderung bewirkt, indem er die limitierte Amtszeit hat aufheben lassen. Bis zum Jahr 2005 war es dem regierenden Präsidenten gestattet, zwei Amtszeiten von fünf Jahren zu regieren. Nach dieser Änderung hat das Parlament das das Alterslimit beschlossen. um wenigstens noch diese Kontrolle zu haben und keinen Präsidenten auf Lebenszeit zu haben. Das will Museveni nun ändern. Die nächste Abstimmung soll heute Nachmittag stattfinden, es sind jetzt schon Proteste und Krawalle angekündigt und uns Freiwilligen ist es aus Schutz nicht erlaubt, in die Stadt zu fahren.

Als Bürgerin der Bundesrepublik habe ich natürlich auch mein Wahlrecht wahrgenommen und im August schon per Briefwahl gewählt. Als es gestern dann so weit war und die Hochrechnungen es auch bis nach Uganda geschafft haben, saß ich in der Residenz des deutschen Botschafters und habe mich zusammen mit allen anderen eingeladenen Gästen, vornehmlich registrierte Deutsche der Notfallliste des Auswärtigen Amtes,  bei Weißwein und angenehmer Atmosphäre unterhalten. Die Wahlergebnisse waren für mich doch eher erschreckend, da meine Begeisterung für die nationalistische Bewegung  der europäischen Ländern nicht vorhanden ist.

Aber das sollte kein Grund sein, um zu stagnieren oder resigniert zu sein, auch wenn manche Ergebnisse dazu einladen. Rassismus und Leugnung des Holocausts haben keinen Platz im deutschen Bundestag und das sollten wir als verantwortliche Bürger nicht nur den Politikern, sondern auch allen Wählern klar machen. Deutschland hat lange genug gebraucht, um seine Geschichte aufzuarbeiten und das sollte gerade jetzt nicht in Vergessenheit geraten. Da haben wir alle die Möglichkeit in die eine oder die andere Richtung zu wirken, und ich werde definitiv daran arbeiten, mein Umfeld so akzeptierend, tolerant und progressiv-europäisch wie möglich zu gestalten und das auch so an alle weiter zu geben,

Dafür bin ich schließlich auch hier als entwicklungspolitische Freiwillige, mit einer auch irgendwie repräsentativen Aufgabe, um den Ugandern und Uganderinnen zu zeigen, wie ich als Deutsche bin.  

- xx, Marlen, hin- und hergerissen, aber bereit für die nächste Zeit 

 

Die Bilder sind in der Einfahrt der Residenz enstanden. Im Hintergrund ist die Aussicht über die sechs verbleibenden Hügel und Downtown Kampala vom Diplomatenviertel Kololo zu sehen.